So ähnlich habe ich diesen Blog vor vielen Jahren angefangen und nun habe ich mal wieder Lust, mehr zu schreiben – hier aber nicht als tägliches Tagebuch veröffentlicht, sondern als Sonntagsjournal der vorangegangenen Woche. Und was schön war, hebe ich nach wie vor auf für das monatliche Wohlfühlen mit „Was schön war„.

Mal sehen, wie uns – Euch und mir – das neue Format gefällt…

DI | 21.1.

Wer will schon eine Spießerin sein, nicht wahr? Trotzdem ärgern mich die vielen runden Plättchen, die nach der Silvesterböllerei der Nachbarn im Hof zurückblieben. Die denken wahrscheinlich, tritt sich fest – tut es aber nicht, wie man sieht. [Foto]

MI | 22.1.

Auf dem nördlichen Zubringer stadteinwärts steht an einer vielbenutzten Ampel ein großes Wahlplakat so auf dem Mittelstreifen, daß ich als Linksabbieger den Gegenverkehr nicht sehe. Schilderaufsteller, Hirn an! Das ist gefährlich.

Der abendliche Damendoppelkopf hat mich diesmal 6,- Euro gekostet, da ist die Grundgebühr schon drin und das ist für mich gutes Mittelfeld, denn meistens habe ich mehr Glück in der Liebe als im Spiel.

Während ich peu à peu meine sechs Euro anhäufe, will/soll der baM* sich nach Anleitung den köstlichen, mit noch mehr Käse aufgepimpten Parmigiana-Rest von gestern überbacken, verliert nach einer Viertelstunde die Geduld und findet das lauwarme Ergebnis dann verständlicherweise ziemlich doof. „Na ja, dafür kochst Du ja SONST IMMER sehr lecker.“

DO | 23.1.

Nach einem durchaus effizienten Arbeitsvormittag besuche ich mittags liebe Freunde auf einen Kaffee, die in eine wunderschöne Wohnung im Stadtviertel meiner Jugend gezogen sind. Ich freue mich mit und habe gleichzeitig eine nette kleine Nostalgie. Ich mag meine guten Erinnerungen, sie sind etwas wie eine warme Decke.

Auf dem Weg zurück nach Hause fahre ich an den ersten großen FDP- bzw. Lindner-Wahlplakaten vorbei. Überall ist der schwarz-weiße Vorsitzende drauf und ich denke, jetzt wissen wir, wie er vor allem sich selbst sieht: „Alles geben. Auch für Deinen Job.“ Ich hoffe wirklich, sie schaffen nicht die 5%, das wäre ein verdienter Denkzettel fürs Festhalten an diesem verlogenen, intriganten Wichtigtuer.

In einem meiner Bücherstapel finde ich – wie immer bei der Suche nach ganz was anderem – einen offenbar geliebten Sardinien-Führer mit Eselsohren und einigen darin aufgehobenen Kassenzetteln, alles aber nicht von uns, sondern von 2018. Wer mag uns den wohl letzten Herbst geliehen haben? Ich hab’s vergessen und ein Name steht leider auch nicht drin, bitte melden, er steht jetzt hier im Regal. [Foto]

Generell bin ich derzeit total overtrumpt und übermerzt und ringe darum, wie ich so mit Welt und Nachrichten umgehen kann, daß ich informiert bleibe, ohne aber dabei durchdrehen zu müssen vor Betrübnis… Noch habe ich keine Lösung gefunden.

FR | 24.1.

In der Zeitung lese ich von der mittelfristig geplanten Schließung des Zollmuseums… Damit bleibt die Stadt sich treu in ihrer konsequent mangelhaften Wertschätzung unserer spezifischen Aachener Vergangenheit: trotz ehemaliger Bedeutung von Tuch- und Nadelindustrie wird das Tuchwerk nicht gefördert und kostet den beherzten Verein nun die stattliche Sammlung alter Maschinen, trotz legendärer Geschichte als Schmuggler-Dreiländereck soll das liebevoll zusammengesammelte Zollmuseum geschlossen werden. In meinen Augen nahezu fahrlässig, denn all das geht damit für die Nachwelt verloren – weil ja auch die Zeitzeugen allmählich wegsterben.

Sehe Wahlprognosen, diese üblichen Wenn-am-Sonntag-Wahl-wäre-Dinger… Meine Güte, nähme man mal alles rein Spekulative aus den Medien und dem Netz, bliebe wohl wenig Politik übrig. Aber daß das unermüdliche, widerliche, eigentlich durchschaubare Grünen-Bashing solch einen Erfolg gehabt haben soll, das deprimiert mich.

Abends sehe ich Hagen Rether live. Sitzt da in seinem Bürostuhl vor dem Klavier auf der Bühne und liefert uns in so einem scheinbaren Schwadronier-Tonfall eine klarsichtige Gegenwartsanalyse vom Schärfsten. Vier (!) Stunden Wechselbad zwischen Belustigung und Beklemmung – und am Ende sogar so etwas wie Zuversicht. Was für ein brillant kluger Mensch. Ich hätte gerne einen Notizblock dabeigehabt. [Foto: eurogress-aachen.de]

SA | 25.1.

Das Event von gestern abend wirkt nach, hinterlässt angenehm viel Stoff zum Denken… „DAS (z.B. Parteienpolitik) wäre ja nur das kleine Karo. Aber es geht doch um UNS.“

Und ganz interessant am Rande, wie erstaunlich wenige Bekannte im Publikum waren. Die Bubble der Gleichgesinnten – der bürgerlichen Linksliberalen – ist also viel größer als bisher gedacht. Gutes Gefühl.

Mich hat ja keiner gefragt, von was ich Zeitzeugin sein möchte… Und mich gruselt mal wieder die aktuelle innenpolitische Nachrichtenlage – Merz schließt Zusammenarbeit mit den gesichert Rechtsradikalen, immer noch nicht Verbotenen nicht mehr aus?! Ja ja, C-Anhänger, auch wenn es „nur“ um die mögliche Zustimmung von Rechtsradikal zu Euren Anträgen geht, so ist das faktisch eine Zusammenarbeit… Was denn sonst? Möge ihn diese Akzeptanz-Absicht Kopf und Kragen kosten, die Aufregung ist jedenfalls im Internet groß. Für mich sind inzwischen alle Parteien mit C oder F im Namen unwählbar – keine Werte, keine Menschenachtung, keine Vertrauenswürdigkeit. Pfui!

Ich denke, ich muss heute sehr ausführlich kochen, das ist meistens mein bester nervlicher Ausgleich.

Titel-Illustration: pexels.com/Suzy Hazelwood
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