Ich gestehe, es ging mir eigentlich um einen Besuch im Capitol. Und darum, was anderes zu sehen als den derzeit so gehypten Film von dem Jungen, der an die Luft muß… Also wurde es „Green Book“. Männerfreundschaft und so, ich hatte nach der Ziemlich-beste-Freunde-Ära ein bißchen Angst vor Kitsch.

Aber was für ein Film! Das macht man sich ja gar nicht oft genug klar, daß diese demütigende Trennung  von Schwarzen und Weißen besonders im Süden Amerikas keine 60 Jahre her ist. Und das Wissen, hier eine wahre Geschichte zu sehen, macht die Sache noch beklemmender. Der schwarze Star-Pianist, der in einem herrschaftlichen Haus spielen soll, dort aber in der Pause nicht die Toilette benutzen darf. Der mit seinem Trio am Vorweihnachtsabend für ein großes Nobel-Restaurant gebucht ist, dort aber kein Essen serviert bekommt.

Ihn und seinen Fahrer leitet das namensgebende „Green Book“ durchs Land, das verzeichnet, wo überall Schwarze willkommen sind – das Buch ist nicht sehr dick… Die vielschichtigen Schwierigkeiten während dieser Reise machen die beiden so unterschiedlichen Männer zu Freunden und diese Entwicklung zeigt uns der Film anrührend sympathisch und erfreulich unkitschig. Na gut, bis auf die Schlußszene…

Der SPIEGEL schreibt was von einem Wohlfühlfilm über Rassismus, das sehe ich anders – ein schlimmes Thema darf auch in einen Film verpackt sein, den man sich gerne anguckt. Umso eher erreicht man vielleicht die Menschen, die bisher noch nicht genug darüber nachgedacht haben… Neben aller politischen und leider gar nicht so historischen Beklommenheit machen tatsächlich die Bilder einfach Freude – all die vielen schönen Autos und Landschaften, hach! Die komplette Ausstattung ist liebevoll und detailgenau bis zum Kofferradio. Die Konzertszenen sind Augen- und Ohrenschmaus zugleich – das ganze Kino wippte mit.

Und wenn man sich mal an Viggo Mortensen als reizbaren, leicht aufgedunsenen, unentwegt rauchenden und schlecht angezogenen Italo neben seinem unglaublich eleganten und beherrschten Auftraggeber, gespielt von Mahershala Ali, gewöhnt hat, geht’s auch mit den Darstellern. (Spaß! Die beiden spielen großartig.)

Der langen Rede kurzer Sinn: sehenswert.

Im wahren Leben blieben die beiden Männer übrigens ihr Leben lang befreundet und starben kurz hintereinander im Jahr 2013.

Die offizielle  Webseite zum Film.


 

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