Was besonders schön war, wird farblich unterlegt.

MO | 3.3.

Rosenmontag. Der baM* guckt ihn im Fernsehen, ich ignoriere den höchsten rheinischen Feiertag komplett. Diese demonstrative Fröhlichkeit passt gerade gar nicht.

DI | 4.3.

Ich habe mir kürzlich einen sehr schönen Posterdruck bestellt, der kommt bald an, sagt DHL. Das Motiv bedient mein Faible für Morbides ziemlich perfekt und ich merke gerade, daß ich überhaupt keinen guten Platz mehr habe für sechzichmalachzich… *grübel* *umhäng*

Am Ende löse ich meine inzwischen etwas alberne Engelchen-Wand im Gäste-WC auf und bin damit sehr zufrieden, denn hier ist tatsächlich der beste Platz für „J’habite une ville fantôme“, es teilt sich den kleinen Raum nun sinnfällig mit „Prison isn’t a building“ und mit „Hier geht’s zu den Gestaltungsspielräumen“.  [Foto]

Ich arbeite in diesen Tagen vorrangig an einem neuen Webdesign für eine nette neue Kundin, das ist was angenehm Produktives und es lenkt mich außerdem ab.

Die Stimmung hier ist fragil und sinuskurvenförmig – wir geben uns zuversichtlich und sind sicher beide auf gewisse Weise froh, wenn endlich der Tag der OP ist. (Kurze Erklärung: Es geht bei unserer ganzen Anspannung der letzten Wochen um ein vermutliches Karzinom an der einen Niere, die der baM* nur noch hat.)

DO | 6.3.

Ritual – vor jedem noch so kleinen Abschied gibt es hier Spaghetti alio olio e peperoncino. Also auch heute.  [Foto]

LESETIPP | Mit „Das Leben der Freien – ein Fragebogen“ hat Katja Scholtz ein Format geschaffen, das mich sehr anspricht und oft tief berührt. Schließlich bin auch ich eine „Freie“ und finde mich dort in vielen Gedanken und geschilderten Erfahrungen wieder…

FR | 7.3.

Eine leere Wohnung, weil der Mann mit seinen Fratelli Fideli auf Tour ist, fühlt sich ganz anders an als dieselbe leere Wohnung, wenn der Mann im Klinikum ist… Nach dem Hinbringen am Morgen folgen für mich nervöse Stunden des Wartens auf den erlösenden Anruf.  [Foto]

Der kommt um 16:06 h, der sympathische Professor ist höchstselbst am Telefon: „Alles gut. Wir sind gerade fertig geworden, der Patient schläft noch.“ Uff.

Abends auf dem Rückweg vom Klinikum – der baM* war um halb acht immer noch auf keinem Zimmer, ich war vergeblich dort – überfällt mich eine quasi unaufschiebbare Gyros-Lust, ich mache unterwegs Halt und freue mich so darauf – aber dann war es das schlimmste, ledrigste Gyros seit Jahren… Ich hätte fliehen sollen, als der freundliche Mann hinter der „Kathi“-Theke den Grill rund um den gut gebräunten Restspieß erst einschaltete, als ich bestellte. Ich Dummkopf – wie so ’ne Anfängerin. Und das Satziki war auch Mist, bleistiftdicke Gurkenstücke und null schmeckbarer Knoblauch. Wäre ich doch nur zum Griechen gefahren. Aber alles egal. Alles nicht so wichtig heute.

WEBTIPP | Suhrkamp gibt einen superschönen Newsletter „Das Gedicht der Woche“ mit nur dezenter Zusatzwerbung heraus, einmal Seele streicheln jeden Freitag. Gönnt Euch!

SA | 8.3.

Weltfrauentag, soso. Viel wurde erreicht, aber auch immer noch viel zu wenig. Ich beschäftige mich natürlich (sic!) schon sehr lange mit dem Gedanken einer echten, unverkrampften Gleichberechtigung, genaugenommen seit den 1970ern, und bin immer wieder erstaunt, wie wenig weit wir mit allem gekommen sind. Daß wir uns immer noch so viel den Mund darüber fusselig reden müssen… Traurig.

Und diesen angeblichen TradWife-Trend, den kann doch keine ernst meinen? Diesen Rückzug ins bequeme Nicht-Denken! Herrje, liebe junge Frauen, werft doch bitte nicht weg, wofür wir Älteren so lange geredet, gezürnt, gehandelt und demonstriert haben.

Sobald es morgens geht, fahre ich ins Klinikum, habe eine große Umarmungs-Sehnsucht… Der baM* ist erstaunlich fit, die paar Pflästerchen auf seinem Bauch sind lachhaft wenig Verband, vor allem verglichen mit den dramatisch geklammerten 30 cm von vor zwei Jahren – möglicherweise sind wir jetzt „Fans“ von minimalinvasiv. (Ein damit ebenfalls erfahrerener Mit-Mastodone postete als Kommentar: „Von außen nur zwei Knopflöcher und – wie der Chirurg sagte – ‚innen eine große blutige Operation‘.“)

Ich bin jedenfalls glücklich und erleichtert. Da genießt sich auch so ein bißchen Me-Time doch direkt wieder viel mehr… Ach ja, und draußen scheint die Sonne bei über 15°C, gestern auch schon – ich kann sowas jetzt wieder sehen.

Alle Fotos: eigene. Titel: Detail eines Joghurtbechers.
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