Ich bin eine älteste Schwester, seit ich fünf wurde, und ich habe diese Rolle fast nie gemocht. Ich wünschte mir insgeheim immer einen großen Beschützer-Bruder oder die Geborgenheit eines “Küken”-Daseins oder symbiotische Seelenverwandschaften untereinander. Träume… Doch älteste Schwestern werden scheinbar nicht so inniglich geliebt, da bin ich überhaupt kein Einzelfall.
Ich (er)lebte viel “Du mußt ein Vorbild sein” von klein an, ob es nun in jungen Jahren um das Decken des sonntäglichen Frühstückstisches oder das Fahrrad-selbst-reparieren-Können oder das Unkrautrupfen im Garten oder was auch immer ging oder später darum, auf “alles” aufzupassen, während die Eltern (so was traute man sich in den 70ern noch…) auf eine kinderlose Wochenendtour entschwanden – das, was mein Mann heute als mein calvinistisches Pflichtbewußtsein belächelt, wurde mir schon früh beigebracht.
In mir drin war ich ein eher unsicheres und schüchternes Mädchen und fand mich weder besonders gut noch gar vorbildlich. Ein sehr anderes Innen als mein Außen… Dieses zerrissene Grundgefühl ist mir im Prinzip tatsächlich bis heute geblieben (auch wenn sich die beiden Pole inzwischen mehr angenähert haben, alles andere wär ja auch schlimm).
So was muß man sich einfach mal klarmachen. Wie es zu Attitüden und Ansprüchen und Selbstverständnis kommt – wie ein Mensch zu dem wurde, der er ist. Dieses verzwickte Rollenspiel innerhalb einer Familie kann hochkomplex sein und das ganz ohne “Gute” und “Böse”. Zum Glück ist man ja irgendwann alt genug, das alles ein bißchen besser zu verstehen…
Wie ich da jetzt drauf kam? Ich habe gestern alte Familienfotos eingescannt.
0
Views: 86
Genauso geht es mir auch. Ich war 3 und hatte die gleiche ungeliebte Rollenzuweisung.
Daß es eine “Rolle” war, kapiert man ja erst viel, viel später… 🙂
Ach, diese Konstellation (auf dem Foto) sieht ja wie bei uns aus! Meine Schwester ist zwei, mein Bruder zehn Jahre jünger als ich. Wir haben ein sehr inniges, aber nicht konfliktfreies Verhältnis … Das aber auch erst laaange nach der Kindheit zumindest zu meiner Schwester erst so innig wurde. Uschi, darüber quatschen wir beide mal, gell! Was da alles sofort hoch kommt …
“Innig, aber nicht konfliktfrei” – das hört sich doch herrlich normal an!
Ich war eine große und kleine Schwester und habe das so nie erlebt, zumal es kein weiteres Mädel gab. Trotzdem kenne ich das natürlich. LG Geli
Also warst Du ein mittleres Kind…
Das wär ja übrigens nochmal zusätzlich interessant, inwieweit älteste Brüder die Rolle vielleicht anders empfinden als älteste Schwestern. Ich kann natürlich nur über mich und mein Herz – eben das einer Schwester – reden. 🙂
Es geht auch viel, viel schlimmer: Nämlich die kleine Schwester sein. Die, die jedes Jahr am ersten Schultag die Frage zu hören kriegt: “Oh Gott, bist du etwa die Schwester von Marc?”
*lach* Das Problem haben meine Eltern umschifft, indem niemand von uns Dreien jemals dieselbe Schule besuchte.