Wo man auch hinhört in den letzten Wochen, sehr viele fühlen sich angestrengt, unkonzentriert und irgendwie müde… Bei denen, die eklatant mehr zu tun haben als vor Ausbruch der Viruskrise, kann man sich das ja gut erklären mit den rein körperlichen Kräften, die an ihre Grenzen kommen. Warum aber fühlen sich Leute wie ich, durch die Krise in relative Beschäftigungslosigkeit geworfen, ebenfalls erschöpfter als normalerweise?

Eine Sache, die uns alle, wirklich alle eint, ist der Verlust unserer gewohnten Routine. Dieses sehr individuelle Alltagsgerüst, in dem wir unser Leben eingerichtet haben, mit seinen verläßlichen Fixpunkten von Terminen, Unternehmungen, Auszeiten, Pflichten und Verabredungen – das ist derzeit weg. Einfach nicht existent. Keine Routine, nichts Gewohntes, alles ist irgendwie anders als sonst… 

Routine – als jüngerer Mensch dachte man ja noch, das sei das Allerschlimmste, weil Langweiligste, was einem im Leben passieren könne. Aber tatsächlich gibt sie unserem Alltag auch viel Verläßlichkeit und Halt, ja, eine Art Geborgenheit. Diesen Halt vermissen wir, vielleicht nur unbewusst, aber in all meiner psychologischen Laienhaftigkeit glaube ich, daß das einen großen Teil unseres Angestrengtseins in dieser Krise verursacht.

Denn selbst der Versuch, in der aktuellen Situation neue Routinen zu entwickeln, fühlt sich nicht normal an. Das wird mir zum Beispiel immer dann bewusst, wenn ich mich quasi für die Kamera meines Laptops schminke statt für ein Treffen mit den echten Menschen…

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