Ich war nie ein ängstlicher Mensch. Ich ritt schon als Mädchen oft alleine durch den Wald. Ein fröhliches Erwachsenwerden hindurch spazierte ich nach ausgiebigen Abenden allein durch die Nacht nach Hause. Ich trug meine Handtasche auch in den Klau-Metropolen der Welt stets entspannt über der Schulter. (Nicht diese diagonale Methode. Never ever.) Ich fuhr in New York unbehelligt alleine U-Bahn und wurde in Moskau nicht von einem wildgewordenen Oligarchen-SUV überfahren. (Obwohl es die Option mehrmals gab.) Kurzum, mir ist nie etwas Schlimmes passiert, weder Diebstahl noch Unfälle noch Gewalt, es gab also keinen Anlaß, Ängste zu entwickeln. Und ich glaube ja auch – vollkommen naiv, ich weiß – daran, daß das Ausstrahlen dieser Angstfreiheit eine Art Schutz ist. Das Absolvieren eines Selbstverteidungskurses wäre vielleicht ein besserer.
Denn Zeitungsmeldungen über Überfälle und andere, scheinbar grundlose Gewalt häufen sich sogar in einer eher kleinen Stadt wie unserer, und mein besorgter Liebster möchte schon seit einiger Zeit nicht mehr, daß ich spätabends, sollte ich alleine unterwegs sein, aus Kino oder Kneipe das Viertelstündchen zu Fuß nach Hause gehe. Sicher hat er nicht ganz unrecht mit seinen Befürchtungen und ich nehme jetzt auch immer brav ein Taxi.
Aber ich will unter keinen Umständen ein ängstlicher Mensch werden. Punkt.
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Gut so, denn Angst zieht Angst an (wie auch sonstiges) und fressen Seele auf…..
gut so, denn Angst zieht Angst an und fressen Seele auf. (uebrigens ein alter aber guter Film).
Ich scheine, was Angst angeht, das komplette Gegenteil zu sein. Das verdanke ich meiner Mutter, die mir schon immer bei allen sich ihr bietenden Gelegenheiten predigt, was alles schlimmes passieren kann. “Fahr nicht alleine mit dem Fahrrad durch den Wald, denn da lauern böse Menschen” (nebenbei bemerkt die einzige Möglichkeit, um aus diesem Dorf richtung Zivilisation rauszukommen), “Iss kein asiatisches Essen, denn von dem Öl kannst du Bauchweh bekommen” (eine besonders seltsame Annahme, die nur darauf zurückzuführen ist, dass sie das nicht verträgt), “Geh nicht alleine abends mit dem Hund raus, denn es könnte wer weiß was passieren” (Ja, immer noch dasselbe Dorf, in dem tatsächlich nie etwas passiert.) …
Als ich 12 war, hatten wir einmal einen riesen Streit, weil ich gerne mit meiner Freundin mit der Bahn in die nächstgrößere Stadt fahren wollte. Eine 15-minütige Fahrt wäre es gewesen. Doch weil meine Mutter Angst vorm Bahnfahren hat, erlaubte sie es mir nicht. Busfahren sei wesentlich sicherer, immerhin höre der Busfahrer ja sofort meine Schreie – sollte denn etwas passieren. Dass die Busfahrt gut dreimal so lange dauerte, war ihr egal.
Noch heute ruft sie manchmal bei mir an und fragt mich, ob ich nicht Angst davor hätte, alleine zu wohnen. Ganz so, als wolle sie mir einreden, dass Alleinesein schlecht ist. (Als feststand, dass ich alleine nach Aachen ziehe, schlug sie dem Freund und mir vor, wir könnten uns doch gemeinsam eine Wohnung in Köln suchen: So müsste jeder von uns nur eine Stunde zur Uni pendeln. Eine absolut grandiose Idee, die wir ablehnten – warum bloß?)
Ihrer Erziehung habe ich es zu verdanken, dass ich nachts immer ein mulmiges Gefühl habe, wenn ich unterwegs bin. Was natürlich denkbar schlecht ist – vor allem weil ich auch an deine Theorie mit der Angst-Ausstrahlung glaube.
Sehr interessanter Aspekt von Dominique, denn bei mir ist gerade das Gegenteil der Fall: Ich bin ebenfalls von einer sehr ängstlichen Mutter erzogen worden, die mir alles verbot, was nur ansatzmäßig Spaß machen könnte (sprich: gefährlich sein könnte ;-). Ich habe – kaum 18 – alles nachgeholt … und toitoitoi nie schlechte Erfahrungen machen müssen. UND: Ich habe mir geschworen, es bei meinem Kind mal ganz anders zu machen! Was mir im übrigen auch gelingt. Vor allem deswegen, weil ich weiß, daß ich mich 100% auf sie verlassen kann, aber auch – muß ich zugeben – durch die “RundumdieUhrKomminikation” und Immer-Erreichbarkeit mit dem Handy. Ein Hoch auf die moderne Technik!
Trotzdem bin ich heute das erste Mal wirklich beunruhigt worden durch die Meldung in unserer Stuttgarter Tageszeitung, daß eine junge Frau trotz männlicher Begleitung von einer Horde Männer im U-Bahnhof brutal überfallen und fast sexuell mißbraucht wurde – Ihr Mann wurde einfach festgehalten und mußte zuschauen, zum Glück konnte er sich doch irgendwie befreien. Da fehlen mir erst mal die Worte …
Zum Glück hatte ich keine ängstliche Mutter. Sie hat eigentlich nie irgendetwas verboten, das möglicherweise “gefährlich” hätte sein oder werden können.
Auch ich bin nicht ängstlich. Also ich würde nicht unbedingt nachts durch einen Stadtteil wandern, der als bedenklich bekannt ist. Aber sonst habe ich keinerlei Bedenken, hier nachts allein durch die Stadt zu gehen. Wenn mir nach zu Fuß gehen ist, gehe ich auch nachts bis nach Hause. Unser Stadtteil ist sehr ruhig und ganz gut beleuchtet. Da ist mir noch nie mulmig gewesen. Unser gemieteter Parkplatz ist auch ein Stück weg um zwei Ecken. Kein Problem.
Ich bin das auch von früher her gewöhnt. In Rostock wohnten wir (meine Eltern immer noch) in einem Stadtteil am Rande der Stadt, nah am Wald, weitab von der Innenstadt. Die Haltestellen von Bus und Bahn sind ca. 10 Min. zu Fuß von dem Haus weg. Da bin ich oft nachts allein nach Hause gegangen. Einmal (so mit 16 od. 18 etwa) wurde ich von einem schrägen Typen verfolgt bis nach Hause. Der war so dämlich und ist nicht mal weggelaufen, als ich nach meinem Vater gerufen habe. Als ich dann Sturm geklingelt habe, habe ich ihn festgehalten, mein Vater kam rausgestürmt und wir haben ihn gemeinsam der Polizei übergeben. Er hatte die Taschen voller Porno-Bilder… Aber getan hat er mir nichts. Trotzdem war mir da schon ein bisschen mulmig.
Als wir 10 Jahre auf dem Dorf gewohnt haben, bin ich auch nachts über den Friedhof nach Hause gegangen.
In unsere Wohnung käme wahrscheinlich jeder in wenigen Sekunden rein. Abgeschlossen ist sie so gut wie nie. Und da sie eine große Glasscheibe hat, halte ich das auch für sinnlos und vertraue darauf, dass Einbrecher zu faul sind, so viele Treppen zu steigen. Selbst die Haustür unten ist nie abgeschlossen, oft sogar einfach aufzudrücken.
Meine Tasche trage ich nur diagonal, weil sie mir sonst ständig von der Schulter rutscht :-))
Ich war auch nie eine ängstliche Mutter und habe meine Kinder immer ihre Erfahrungen selbst machen lassen.
Und passend dazu die heutige Hauptmeldung des Lokalteils der “Aachener Nachrichten”: https://www.aachener-nachrichten.de/lokales/aachen/raubserie-haelt-an-polizei-warnt-nun-in-gaststaetten-1.911389 (sorry, für die Paywall kann ich nix, die finde ich übrigens bei dem Thema auch völlig unangebracht). Jedenfalls – der Liebste hat recht mit der erhöhten Vorsicht…