Heute abend ist Damen-Doppelkopf und die beiden jüngeren Damen sind „dran“, fürs Snackglück zu sorgen. Steffi backt ihre phantastisch leckeren Sauerteig-Cracker, ich bringe Dips mit… Aus Zeitgründen kaufe ich die heute, denn mein Lieblingssupermarkt hat sehr köstliche, angeblich hausgemachte (das glaube ich einfach zu gerne) Sorten an der Käsetheke. Ich rücke also an mit vier kleinen Töpfchen und frage zuerst, ob das geht.

Fachkraft: Selbstverständlich!

Kundin: Fein… Ich hätte gerne zwei Töpfchen mit Sorte X, die anderen beiden mit Sorte Y.

Sie zieht Einweghandschuhe an, angelt sich mein erstes Töpfchen von der Theke. Wiegt das Leergewicht.

Fachkraft: Wobei, Sie müssen nicht glauben, das sei in irgendeiner Weise Müllvermeidung.

Nimmt einen Spatel, befüllt das Töpfchen, wiegt das gefüllte Töpfchen, stellt es mir wieder auf die Theke, wo ich den Deckel draufmache.

Kundin: Aber ich benutze diese kleinen Dosen durchschnittlich fünf Jahre, bevor sie kaputt sind, das vermeidet eine Menge Einwegplastik, finden Sie nicht auch?

Fachkraft: Nein, das ist eine Milchmädchenrechnung. Sehen Sie, ich muß die Plastikhandschuhe anziehen und danach wieder ausziehen. Dann muß ich jedes Mal den Spatel abwischen und einen neuen nehmen.

Derweil reinigt sie den Spatel (an dem ca. 15 gr der leckeren Creme hängen, weil sie ihn am Töpfchen nicht ordentlich abgestreift hat) mit einem Einwegtuch aus „Non-woven“-Material (aka Kunststoff), wirft das Tuch weg, legt den Spatel in eine Kiste. 

Kundin: Ist das denn ein Einwegspatel?

Fachkraft: Nein. Die spülen wir.

Sie nimmt das zweite Töpfchen, gleiche Creme, dieselben Abläufe.

Kundin: Und Sie könnten doch in meinem Fall sogar denselben Spatel für je zwei Töpfchen nehmen…

Fachkraft: Das darf ich nicht! Wir wollen uns ja auch nicht an diesem neuen Virus anstecken.

Mein Hirn scheitert daran, diesen Zusammenhang im konkreten Fall herzustellen. Sie nimmt derweil das dritte Töpfchen, andere Creme, ansonsten dieselben Abläufe. 

Kundin: Och, wegen der Viren vertraue ich jetzt mal der Sauberkraft meiner Spülmaschine.

Sie nimmt das vierte Töpfchen, gleiche Creme, dieselben Abläufe ein viertes Mal. 

Fachkraft: Jedenfalls, Ihre Töpfchen sparen keinen Müll! Das meinen Sie nur.

Vier Kunststoff-Einwegtücher und ca. 60 gr weggeworfene Ware später haben wir es geschafft. Auf ihre Einweghandschuhe habe ich nicht mehr geachtet.

Kundin: Ich bin trotzdem froh, daß Sie uns Kunden das ermöglichen… Bis bald wieder!

Ich verschmähe die Plastiktüte, in die sie nun meinen Einkauf packen will, und lege die vier bedeckelten Töpfchen in meinen privat-persönlichen, nur mit eigenen Keimen übersäten Einkaufskorb, der an meinem Arm hängt.

Ein weißhaariger Herr an der anderen Seite der Über-Eck-Theke amüsiert sich königlich, er steht schon länger da und hört zu.

Gehe zur Kasse und fühle mich für einen Moment ein bißchen erschöpft.


 

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