Ich möchte hier den kurzen, top-aktuellen Text eines Twitterers abbilden, von dem ich hoffen würde, daß auch solche Menschen ihn offenen Herzens und flexiblen Verstandes läsen, die nach sieben Monaten Pandemie bizarrerweise immer noch versuchen, ihre Umgebung mit multimedialer Penetranz davon zu überzeugen, daß Corona ein überschätzter Quatsch ist. Das macht nämlich auch mich sehr, sehr zornig.

Hier der Text:

Seit Mitte März arbeite ich in unserem Wohnzimmer, meine Frau überwiegend am Küchentisch. Wochenlang haben wir zwei kleine Kinder “nebenbei” betreut, als die Kitas zu waren. Wir haben Masken genäht, gekauft, getragen, haben Abstand gehalten, nicht Oma und Opa besucht, Freunde nicht gesehen, Bekannte nicht getroffen.

Als es besser wurde, waren wir dennoch vorsichtig. Kontakte reduzieren, Risiken vermeiden. Und immer haben wir versucht, unseren Kindern – zumindest dem 6-Jährigen – zu erklären, warum auf einmal so viel anders ist. Die Kita-Eingewöhnung des inzwischen 2-Jährigen haben wir quasi zweimal gemacht. Wir waren erschöpft.

Inzwischen bin ich wütend. Auf die Egoisten, die keine Masken tragen, das bisschen Stoff im Gesicht für eine Schikane oder gar Freiheitsberaubung halten, die Abstand und Rücksicht als Zumutung empfinden, denen das Schicksal von Risikogruppen egal ist, die das alles für eine Grippe oder eine Verschwörung halten, die jetzt schon ankündigen, sich nicht impfen zu lassen, obwohl nicht mal klar ist, ob es diese wunderbare Möglichkeit überhaupt geben wird, an der Wissenschaftler rund um die Uhr mit Herzblut arbeiten.

Wütend, weil wir unter anderem deshalb in einem Risikogebiet leben und statt in den Herbstferien Oma und Opa zu besuchen, wieder die Kinder trösten müssen, weil wir nicht wissen, wann wir sie wieder sehen können.

Die Schule hat heute darum gebeten, alle Materialien mit nach Hause zu nehmen, weil es möglich sei, dass nach den Ferien wieder alle daheim bleiben müssen. Und wir haben noch Glück: wir können daheim arbeiten, hier ist kein Krieg und wir sind gesund.

@es_be_er auf Twitter am 9. Oktober 2020
(in mehreren aufeinanderfolgenden Tweets, das nennt man Thread)

Ja, natürlich sind wir alle müde! Des Themas, der ständigen Achtsamkeit, der gestörten Spontaneität… Doch dieses Virus zwingt uns zur Langstrecke, Sprint ist hier nutzlos – im Denken wie auch im täglichen Handeln.

Den baM* und mich hat am Donnerstagabend in der Lanz-Sendung nachhaltig der Corona-Überlebende Joachim Huber beeindruckt, der seinen Schwerstverlauf und die mühsame Genesung schilderte. Nein, wir möchten es nicht kriegen, auch nicht aus eigenem Versehen oder weil irgendwelche Dödel (Frauen sind explizit mitgemeint!), die sich sonst einen Scheiß für Politik interessieren, wegen einer hilfreichen Maske um ihre “Bürgerrechte” jammern oder einfach zu doof sind, einen Meter fünfzig korrekt einzuschätzen.

Bitte habt einen langen Atem (sic!) und bleibt gesund.

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