Es macht mich verrückt, dieses vollkommen Realitäts- und Aktualitäts-blinde Beschwören von wolkigem Wohlgefühl, das nicht nur manche Social-Media-Plattform überschwemmt, sondern uns auch im täglichen Leben von Kissen, Tassen, Teesorten, Badezusätzen und Baumwollbeuteln anspringt! Und von diesen unendlich vielen Lettering-Spruchbildchen und -postkarten! Und Wand-Tattoos! Urgs.

Selbstverständlich darf jede und jeder nach eigener Fasson glücklich sein, aber in dieser Zeit, wo nicht nur mir selbst das Ringen um allgemeine Zuversicht und konkreten Zukunftsglauben viel, viel Kraft abverlangt, fühle ich mich regelrecht verarscht von dieser Neben-Welt der oberflächlichen und immergleichen Wohlfühl-Parolen. Wie kann man denn im richtigen Leben leben – ohne was zu rauchen – auf solch einer vollkommen irrealen, mit nichts mehr begründbaren, hippiesken Heiteitei-Wattewolke? Ach, was sind wir alle gut drauf?! Geht das überhaupt, wenn man ein denkender Mensch ist?

Diese sicher irgendwie ungerechte „Allergie“ gegen Gedankenloses ist natürlich allein mein eigenes Problem. Ich weiß auch sehr gut, daß ich es gut habe – erfüllte Ehe, schönes Zuhause, keine wirklichen Existenzsorgen. Das ist eine tolle Basis, um grundglücklich zu sein. Doch ich weiß trotzdem – angesichts von Corona-Endlosschleifen, Globalisierungs-Irrsinn, Flüchtlings-Dramen und kaum noch abwendbarer Klimakatastrophe – keinen intelligenten Weg zurück auf die große rosa Gut-drauf-Wolke.

Verdammt, mir ist meine Unbefangenheit abhanden gekommen.​

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