Telefonat mit einer engen Freundin, die dazu neigt, sich die böse Fratze, die uns die Welt in letzter Zeit allzuoft zeigt, sehr-sehr-sehr zu Herzen zu nehmen. Ich will sie ein bißchen aufbauen… Und höre mir unter anderem an: „Ich kann das nicht, so oberflächlich einfach über alles hinweggehen und weitermachen, als sei nichts gewesen!“ Das ist in dem Moment gar nicht auf wen Spezielles oder gar auf mich gemünzt, aber dennoch stelle ich mir nach unserem längeren, kontroversen und daher auch spannenden Gespräch in Gedanken die Frage: Bin ich oberflächlich?

Mein Hintergrund ist das typische Bildungsbürgertum, ich bin Juristentochter mit humanistischer Gymnasiallaufbahn, meine Teenagerjahre durchlebte ich in den politisch hellwachen 70ern, in meinen Zwanzigern deklinierte ich die komplette Frauenbewegung für mich durch. Das Etikett „oberflächlich“ wäre so ungefähr die ehrenrührigste Schubladisierung, die ich mir vorstellen kann. Deshalb ziehe ich mir den thematischen Schuh natürlich doch an…

Wem aber würde es nützen, wenn ich angesichts von Terror, Flüchtlingselend und politischem Stümpertum in Verzweiflung verfiele, wenn ich in diffuser Trauer erstarrte und in meiner eigenen kleinen Welt deshalb nichts mehr bewegen könnte? Wenn ich meine Arbeit nicht mehr machen könnte, wenn meine Ehe und mein Haushalt brachlägen, wenn ich meine Lieblingsmenschen nicht mehr träfe und mein Wirken im Lions Club einstellte? Wem wäre dadurch geholfen? Niemandem. Was würde dadurch an der Welt besser? Nichts.

Und die Arschlöcher dieser Welt mit ihrer Scheiß-FUD-Taktik – Fear, Uncertainty and Doubt, also Furcht, Ungewissheit und Zweifel – würden „gewinnen“.

Beschlußlage: nicht mit mir. Ich lebe mein Leben weiter und passe es dem Erhalt meiner Seelengesundheit an, wo irgend möglich. Das geht auch mit relativ einfachen Maßnahmen. Ich habe zum Beispiel meinen Radiowecker schon vor etwa drei Jahren abgeschafft, weil ich die Nachrichten lieber erst nach dem zweiten Kaffee und einem stärkenden Porridge höre. Ich vermeide möglichst Sondersendungen und absurde „Live“-Berichterstattungen im TV (man denke kürzlich an München, ein GANZER Abend mit quasi null Information). Was wichtig ist, erfahre ich schon rechtzeitig genug. Und ansonsten lese ich, wann ich das will und wann ich dafür bereit bin, in den Newsfeeds meiner bevorzugten Nachrichtenredaktionen und auf Twitter.

Mir geht es so jedenfalls sehr viel besser, als wenn ich alle mediale Aufgeregtheit sofort in mich aufnehme, sobald sie mich überfallen möchte. Und übrigens ist mir persönlich noch nicht der Hauch einer irgendwie gearteten Gewalttat passiert, seit uns die Welt so viel „schlechter“ vorkommt. Kann man auch mal drüber nachdenken… (Hat Sibylle Berg hier auch schon getan.) Schließen möchte ich meine Gedanken mit diesem Tweet, der es eigentlich sehr prima in 140 Zeichen packt:

Wobei mir das Wort „Spaß“ ja hier etwas zu kurz greift. Aber Ihr wißt, was gemeint ist – all das Gute, Nette, Erfreuliche, Herzerwärmende, das immer auch im Leben drin ist…

Und daran zu glauben, halte ich echt kein bißchen für oberflächlich.


 

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