Als ich Fotos für eine kleine Diashow zu meinem 50sten zusammensuchte, hatte ich diesen Gedanken zum ersten Mal, und als ich gestern diese Business-Portraits von 1997 zufällig wiederfand, da hatte ich ihn wieder: „Wie konntest Du nur so unglaublich bescheuert sein, in jeder, wirkich jeder Phase Deines Lebens mit Deinem Aussehen zu hadern?!“
Denn auf den alten Fotos sehe ich eine ganz nett aussehende und niemals auch nur ansatzweise zu dicke Person. Womit war ich denn bloß so unglücklich? Wie konnte ich nur so viele negative Gedanken und Gefühle auf eine Unzulänglichkeit verschwenden, die real gar nicht vorhanden war?
Ich war Kind in den 60ern, Teenager in den 70ern, Twen in den 80ern… Es gab keine Heidi Klum, die uns Mädels mit ihrem Scheiß-GNTM verrückt machte, und wir sahen mit dreizehn auch aus wie dreizehn, weil unsere Eltern uns kei-nes-falls geschminkt aus dem Haus gehen ließen. Es gab nicht diese Haufen von Beautiful-People-Zeitschriften, an denen wir uns messen wollten. Es gab viel weniger Taschengeld und C&A war mit seinem konventionellen Zeug – erinnert Euch an Jinglers Jeans! – der billigste Klamottenladen. Das Wort „hip“ war noch nicht in Gebrauch und wir also nicht in dem Streß, es zu sein.
Vielleicht ist das ja doch ganz einfach normal, sich mit anderen zu vergleichen und daß daraus Unzufriedenheiten mit sich selbst entstehen. Und daß sich Mädchen eben eher an ihrem Aussehen „messen“ als Jungs. (Ja, Ihr Gender-Menschen, Ihr dürft mich jetzt gerne für rückständig halten, aber Eure sicher gut gemeinten, aber leider arg verkrampften Maximen waren ja auch noch nicht erfunden…)
Bei mir war es jedenfalls ganz sicher das, dieses Vergleichen, denn immer-immer-immer gab es eine in der Klasse oder in der Clique, die ich hübscher, erwachsener, selbstbewußter, schicker fand als mich selbst. Und auch ein Elternhaus, in dem das Selbstwertgefühl pubertierender Töchter nicht nennenswert gefördert wurde – schließlich erzog man seine Kinder einfach unbefangen vor sich hin –, tat unbeabsichtigt seins dazu. (Deine neue Freundin, das ist aber eine Hübsche! Nein, zieh lieber nicht das ärmellose Polo an, da sehen Deine Arme so dick aus. Und so weiter.) Alles in allem ein frühes Training zu lebenslangen Minderwertigkeitskomplexen, jedenfalls im Hinblick auf mein Aussehen.
Was für eine dumme, dumme, dumme Energievergeudung.
Und da muß man erst 50 und mehr werden, um das zu kapieren.
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Liebe Uschi, du bist nicht allein . Auch ich habe 50 Jahre gebraucht, und zweifel immer noch ein wenig an mir selbst, um das zu begreifen. Meine Waage habe ich in die Ecke verbannt und ich esse verdammt nochmal was ich will und das mit GENUSS. Klar achte ich darauf das ich nicht übermäßig werde, denn Gesundheit ist mir schon wichtig. Nur das „vergleichen“ mit anderen hat nachgelassen – ist weg, ich mag mich. Und ich finde, das du eine höchst „schöne“ Person bist! Innen und AUSSEN.
Ui. *blush*
Liebe Uschi!
Ich wurde wegen meines immer schon moppeligen Aussehens von Kindheit an gemobbt (damals wurde das noch Hänseln genannt), was mich irgendwann in eine Essstörung trieb. Ich bin (noch) keine 50, aber wenn ich heute Lust auf Fritten und Burger habe, dann esse ich das eben. Die Leute brauchen immer etwas zum Reden, um von ihren eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. 😉
Übrigens mag ich deine Ausstrahlung und Persönlichkeit sehr!
Moin, du schöne Person! Ja, auch ich unterstreiche das gerne! Und ja, auch ich kenne gut, was du da schreibst. Mein Satz seit Jahren: ich wünschte, ich hätte noch mal den „Bauch“, den ich als junge Frau so schrecklich fand (bis 35 wog ich 55 kg bei 169 cm; der „Bauch“ deutete lediglich an, dass zwischen den Hüftknochen KEINE Senke war! Wie blöd man war!). Und meine Beobachtung bei meinen Töchtern – und denen von Freundinnen: je schöner sie sind, um so mehr leiden sie unter Selbstzweifeln und der Frage, wie kann ich schön genug sein! Schön genug wofür?? Als einer der „Gender-Menschen“ hat mich die Frage nach dem Unterschied schon früh beschäftigt. Ja, er ist „klein“, aber eben nicht unerheblich. Denn er bringt uns dazu, das in einem (schon sehr, sehr kleinen) Menschen zu fördern, was in unser – auch Zeitgeist-abhängigen – Geschlechterbild passt. Dieses Wissen hat mich nicht daran gehindert, mich zu freuen, wenn meine Töchter hübsch waren, niedlich, süß … Bei Jungs bringen uns doch ganz andere Dinge dazu, diesen besonderen Schmelz in unseren Stimmen zu haben… wie lustig, ein Schelm, ein Charmeur, immer gut drauf, bringt uns zum Lachen, geschickt… Ja, der Enkel einer Freundin, gerade mal 1 Jahr alt, bringt mich gerade drauf. Dennoch: warum verbringen wir so viele Jahrzehnte in Selbstzweifeln unser Äußeres betreffend? Ich weiß es nicht. Eine Freundin, die immer eher klug als hübsch war, sagte mir, dass sie immer froh war, sich an dem Wettbewerb in der Schule „wer ist die Schönste? Auf wen stehen die meisten Jungs? Auf wen sind die meisten Mädchen neidisch?“ gar nicht erst beteiligen zu müssen, da eh chancenlos. Sie meinte, somit liefe sie immer „außer Konkurrenz“ – ich hab sie immer um ihr Selbstbewußtsein beneidet… bis vor kurzem. Inzwischen habe ich entschieden, genug Qualitäten zu besitzen. Dä.
Diese Vergleiche gab es ja auch bei uns Jungs. Nur ging es eben nicht um hübsch oder nicht, sondern um (körperliche) Leistungsfähigkeit. Wer nicht laufen, werfen oder zuschlagen konnte, war halt erst mal draußen. Auch das wurde immer von den Eltern unterstützt, indem sie immer wieder darauf zeigten, dass der Kumpel doch auch in der xxxxmannschaft spielt.
Schneller! Höher! Weiter!
Ja, das ist schon eine komische Sache mit der oft so verschobenen Selbstwahrnehmung und dem Selbstwertgefühl…
Irgendwelche Minderwertigkeitsgefühle hast Du wirklich nicht nötig, liebe Uschi! Schon mal gar nicht wegen Deines Aussehens! Und da es sowieso viel mehr auf die inneren Werte ankommt – ÜBERHAUPT NICHT!
Den Fehler hat meine Mutter zum Glück nie gemacht, mir die Vorzüge anderer vorzuhalten. Das ist auch mehr als destruktiv!
Ich sehe meine Mängel, zerbreche aber nicht daran. Und ich kann mich durchaus und sehr an der Schönheit anderer – Männlein wie Weiblein – erfreuen. Wer sieht nicht gern schöne Menschen?! Manchmal liegt die Schönheit ja auch „nur“ im Auge des Betrachters…
Et schlimmste Leäd
is wat der Mensch sich selvs aandeät