“Wie kommt es zum Gap zwischen realem und gefühltem Alter? Warum ändert sich das Gap im Lauf der Zeit – mal mehr, mal weniger – mal nach oben, mal nach unten?” Diese Frage einer ihrer Leserinnen gibt Ines aus Hamburg in die große Runde…
Erst musste ich mal nachgucken, was „Gap“ nun genau heißt – für mich ist das spontan vor allem eine US-Klamottenmarke und eine ehemalige Lieblings-Jeans, doch gemeint ist hier der Spalt/die Lücke zwischen dem tatsächlichen und dem gefühlten Alter. (Und echt jetzt, das Gap? Tut mir in den Ohren genauso weh wie das Battle…)
Jedenfalls finde ich das Thema interessant und mache mit – wie immer lese ich die Beiträge der anderen (sind im Beitrag von Ines verlinkt) erst hinterher, um unbefangen darüber zu schreiben.
Ich bin ganz kurz vor 62, stecke voller beruflicher Erfahrung, lebe ein total typisches Leben einer älteren Erwachsenen und fühle mich trotzdem schon sehr lange stets jünger, als ich bin, heute mit einer Lücke von immer ungefähr 10-15 Lebensjahren zwischen gefühlt und real. Und das hat total nichts mit Fitness (denn ich bin nicht besonders fit) oder Schönheit (denn ich bin nicht besonders schön) zu tun, sondern nur mit meinem inneren Selbst und mit welchem Gefühl ich mich durch meine kleine Welt bewege. Merkwürdige Sache ist das… Wie kommt das wohl?
In meiner Geschwister-Konstellation bin ich die Älteste, ohne diesen „Status“ je geliebt zu haben – diese Verpflichtung zur Vorbildlichkeit, zu der ich insbesondere von meinem Vater erzogen wurde, war mir immer eine Bürde. (Was man so alles kapiert, wenn man älter wird…) Doch außerhalb der Familie war ich, nach einer Volksschulzeit mit gleich zwei Kurzschuljahren, dann immer und überall mindestens ein Jahr jünger als die anderen, besonders groß bin ich außerdem nicht – perfekte Basis für ein permanentes Kind-Gefühl.
Die Pubertät verstärkte dieses Gefühl noch, denn als meine Freundinnen – Mädchen-Gymnasium! – schon ihre ersten kleinen Rebellionen durchlebten, durfte ich nie-nie-nie mitmachen. Weil zu jung. Das war eine furchtbare Schmach in diesen Jahren… Aber auch nur dann, danach nie mehr.
Angefreundet habe ich mich schon immer mit wenig Rücksicht auf das „passende“ Alter und ich habe bis heute allerliebste Freundinnen, die fast einer anderen Generation angehören. Auch von den Männern meines Lebens war fast jeder ein ganzes Stück älter als ich – ebenfalls nicht bewusst gesteuert. Jedenfalls blieb und bleibe ich auf vielen meiner persönlichen Schauplätze die Jüngere und vielleicht hat das mein Mich-jünger-Fühlen verursacht und gefördert. (Die Küchenpsychologin winkt.) Möglicherweise.
Manchmal erheitert mich die Vorstellung, daß die Welt voller Menschen ist, die sich viel jünger fühlen, als sie wirklich sind. Ich jedenfalls mag dieses Lebens- und Selbstgefühl, deshalb kann das meinetwegen gerne so bleiben. Wobei natürlich (sic!) die Gelegenheiten, mich auch von innen alt zu fühlen, mehr werden. Zum Beispiel größere Twitter-Treffen in Aachen, wo ich meistens die „Omma“ bin…
Aber das sind nur Momente – ansonsten bleibe ich gerne noch ein Weilchen knapp fünfzig!
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Danke für Deinen Beitrag zur der kleinen Blogparade!
@GAP Mir ging es genauso wie Dir: Ich habe das Wort erst einmal nachgeschaut und war genauso irritiert, dass es das GAP und nicht der GAP heißt. Einer der Gründe, warum ich das Wort in meinem Beitrag dann mehrfach durch andere ersetzt habe, weil mir das das kaum durch die Tippfinger gehen wollte.
Interessant, dass Du die Rolle als Erstgeborene gar nicht so gemocht hast und stattdessen die Rolle der Jüngeren in anderen Lagen durchaus. Mir geht es genau anders herum. Ich bin ebenso Erstgeborene und mir tun immer alle Kinder Leid, die das nicht sind. Ja, die Erste hat es schwerer, weil man alles erkämpft, was für die nachfolgenden Kinder dann schon bereitet ist (Taschengeldhöhe, Ausgehzeiten etc.). Aber dafür bekommen die Ersten bis zur Geburt der Nachfolgenden die exklusive Aufmerksamkeit der Eltern, meistens speziell der Väter. Das habe ich durchaus sehr geschätzt, zumal ich nur zehn Jahre etwas von meinem Vater hatte.
Die Jüngere bin ich noch heute ungern. Ich hasse es, wenn Frauen Anfang 50 auf mich als „Kleine“ herabblicken, weil ich noch keine 50 bin. Ist gerade vorgestern wieder passiert. Die Frau Jahrgang 1969 hat mich behandelt (und das nicht zum ersten Mal), als wäre sie 11 und ich 9 und damit lägen Welten zwischen einer Drittklässlerin und einer Gymnasiastin. Komisch, dass sich einige Verhaltensweisen nicht ändern. Könnte mir egal sein – ist es aber nicht, weil es mir einfach Lebenserfahrung abspricht. Vielleicht trage ich deshalb gerne meine grauen Haare und freue mich, wenn ich keinen Tag jünger geschätzt werde?
Schönes Thema! Hier noch mein Senf:
Ich bin auch die Älteste unter meinen Geschwistern, die Konstellation wie bei dir, Uschi. Ich fand daran nur doof, daß ich mir vieles erkämpfen musste, was den anderen danach einfach gegeben wurde.
Etwa bis ca 40 herum war ich meist von etwa Gleichaltrigen umgeben (+/- 5 Jahre), danach hat sich was verändert. Ich denke, dass die „nachfolgende“ Generation dann in das Alter kam, in dem ich sie ernst nehmen konnte. Und unter denen, die viel älter als ich waren, gab es auch inzwischen viele „Junggebliebene“ – das Wort, das ja idR einen Zustand beschreibt, der viel mit dem Inneren (Gemüt, Herz, Hirn, Intellekt) zu tun hat.
Daher erweiterte sich mein Freundeskreis um mehrere Altersgruppen. Ich bin 65, ich habe sehr liebe Freunde, die Mitte 30 sind, sehr liebe Freunde die Mitte 70 sind – eine große Spanne, die ich auch genau so möchte!
Den GAP fühle ich hin und wieder, wenn ich mal wieder die 18 jährige in mir gespürt habe, oder die 30 jährige… und dann aus dem Sofa aufstehen möchte… Haha!
Im regen Kontakt mit der jüngeren Generation (meine Kinder, Künstlerkollegen, Freunde etc) bin ich sehr oft die Älteste (auch mein Mann ist 6 Jahre jünger), fühle mich als solche aber immer nur dann, wenn ich bei einem Gegenüber fehlende Selbstreflexion oder Beschränktheit spüre – und das, wie wir wissen, hat ja eigentlich so gar nichts mit dem wirklichen Alter zu tun.
Young at heart – so lebe ich! Und so fühlt es sich richtig an.
Liebe Uschi,
Ich glaube, dass genau das der Punkt ist: sich innerlich jung zu fühlen. Auf alles andere (außer diesem leidigen Sport) hat man eh keinen Einfluss. Und das Leben ist viel zu schön um nur durch des Alters Brille betrachtet zu werden. Es will als Leben selbst wahrgenommen werden.
@GAP: Klar, Kleidermarke, ich wusste, dass es den Zwischenraum zwischen Bahnsteig und Zug markiert und kannte es aus diesen unliebsamen und unnötigen Schlankheitswahndiskussionen.
Liebe Grüße
Nicole
P.S: Ich bin auch Erstgeborene und wäre manchmal auch lieber gern die Jüngere gewesen
Liebe Uschi, das Wort war mir geläufig, auch in der Medizin wird es anstelle des deutschen Wortes: „Lücke“ benutzt. Im Zusammenhang mit der Divergenz zwischen realem Lebensalter und gefühlten Alter war es mir noch nicht begegnet. Mir geht es ähnlich wie Dir. Mindestens 15 Jahre liegen dazwischen, also bin ich 45- passt. Daher trage ich bunt und gerne auch Mickey Mouse Sweatshirts. Es hat sich seit unserer Jugend einiges getan, zum Glück. Sonst müsste ich wie Miss Ellie, die Mutter von JR in „Dallas“, Küchenkleider ohne Ärmel tragen und wüsste nicht wie man eine Banküberweisung macht.
Ach ja, bin natürlich auch die älteste von 4 Geschwistern im Abstand von insgesamt 7 Jahren..
Ähnlich wie Dir erging es mir in meiner Jugend. Als ich eingeschult wurde, war ich die Jüngste. Weil ich unbedingt schon mit 5 Jahren in die Schule wollte. Damals ging das noch im Rahmen der kurzen Schuljahre. Heute wäre das undenkbar. Und das ist gut so. Denn ich habe schon darunter gelitten, dass ich immer die Jüngste in der Schule war. Als Erstgeborene hat man es auch nicht immer leicht, aber man lernt schnell, sich durchzusetzen. Der Begriff GAP war mir bis dato dafür ebenfalls nicht bekannt.
Liebe Grüße Sabine
*MIND THE GAP*
Gemessen an den zahlreichen Kommentaren zur Zeit – in allen Blogs … von ‚Ines‘ bis ‚Sabine‘ … (und auch hier..) scheinen sich nur ‚Mädchen‘ für die Posts zum Thema [Alter/GAP’] zu interessieren…
[Obwohl…. „Das Blöken der Schafe sagt Nichts über die Qualität der Wolle…“]
Hier, ein kurzer ‚Zwischenruf‘ eines ‚Buben‘ .. im Stadium fortgeschrittener Volljährigkeit….
Ich (weder Früh- noch Spätgeborener – sondern EINZELKIND) stellte fest , dass THE ENORMOUS GAP den ich bei der täglichen Überprüfung meines ‚Inzidenz-Wertes‘ auf meiner (Personen) -Waage (im Bad)… also diese „Kluft“ zu meinen eigenen Vorgaben (Richtwerten) nur daraus resultieren kann – dass diese ‚Aussparung‘ diese ‚Leerstelle‘ … dass dieser „GAP“ auf der Waage… davon kommt, dass in meinem – nun bewusst milden/lässigen ALTER – mein SELBSTBEWUSSTSEIN … VIEL WENIGER PLATZ BEANSPRUCHT…
…. zumal sich meine SPORTLICHEN Aktivitäten lediglich noch .. .. auf das „gegen den Strom schwimmen“ – auf das „über den Schatten springen“ und auf das „über das Ziel hinaus schiessen“ beschränken….
Vier Älteste und ein Einzelkind….könnte man da Schlussfolgerungen ziehen?
Liebe Uschi, ich finde es absolut interessant, wie unterschiedlich wir doch alle das gleiche Thema behandelt und aufbereitet haben. So habe ich etwa bisher der Stellung in der Familie nicht wirklich eine Rolle in Bezug auf das Alter beigemessen – ich bin ebenfalls die Älteste und es wurde dann schon gerne von mir erwartet, dass ich Rücksicht auf den Kleinen nehme oder eben im Bedarfsall nicht auf meinem Recht bestehe, sondern zugunsten meines jüngeren Bruder nachgebe. Dennoch ist es mittlerweile so, dass die meisten Menschen mich nun jünger schätzen und das liegt sicherlich nicht an der Sportlichkeit, denn da halte ich es eher mit Churchill.
Hab ein wunderbares Wochenende und alles Liebe Gesa
Gute Gedanken, die mich selbst auch zum Nachdenken gebracht haben. Nein, ich mochte als Kind auch nicht gern die Ältere sein… hatte später ältere Partner, aber auch nie ein Problem damit, wenn eine ältere Kollegin mich „Kleines“ nannte…
Danke für die Anregung!
Liebe Grüsze und eine gute Restwoche
Mascha
Und noch zwei älteste Schwestern…ich finde es wirklich spannend dass alle Kommentatorinnen in ihrer Geschwisterreihe die ältesten sind und der Kommentator Einzelkind..was sagt uns das?
Liebe Alle, was für interessante Beiträge und Aspekte Ihr nun auch in den Antworten noch beigesteuert habt… Wirklich ein vielschichtiges Thema!
Hallo in die Runde,
hier meldet sich mal ein Nachzügler, meine Geschwister sind 11, 10 und 8 Jahre älter als ich – wunderbar!!! Außer: in der Pubertät, da haben alle an mir herumerzogen. Sonst bin ich verwöhnt worden (hier kann ich es ja sagen…., sie lesen ja nicht mit ;-))
Meine Eltern waren auch schon etwas lässiger bei der Erziehung, nun ja, ist auch nicht immer gut, wenn die Aufmerksamkeit der Eltern schon wieder bei der nächsten Lebensetappe liegt.
Weil ich zudem klein, sportlich und zierlich bin, fühle und wirke ich auch über Sechzig noch recht gut gehalten. Ich erlebe mein jetziges Alter sehr bewusst und kann mich gut in der Wahrnehmung anderer einordnen.